Dr. Alexandra Geisler | 1997

Was MACHT was? Studierende, die aufgefordert werden, eigenständig Entscheidungen zu treffen und dabei von Professor:innen und Hoschullehrer:innen begleitet werden, lernen, Verantwortung für sich und andere zu tragen. Dies sind Eigenschaften, die in der Demokratie wichtig sind. Denn Demokratie ist mehr, als Politik und Regierung. Sie ist vor allem eine Lebensform, in der respektvoll mit dem Gegenüber umgegangen wird. Doch Menschen müssen dies erst lernen.

Mein Studium an der Universität Siegen ist sicherlich solch ein prägnanter Lernort gewesen. Dies mag auch teilweise dem Studiengang Außerschulisches Erziehungs- und Sozialwesen mit Abschluss Diplom Soziale Arbeit / Sozialpädagogik sowie einiger Lehrenden innegewohnt haben.

Ich durfte Lehrende und Kommiliton:innen kennenlernen, deren Anliegen stets das Sensibilisieren wie auch Transportieren von Wissen war und die Ermutigung zu einer selbstbewussten Abgrenzung. Sie haben die Freiheit gelassen eigene Ideen und Gedanken zu entwickeln, waren zum Dialog und einer kritischen Diskussion bereit.

Heute bin ich sehr froh 1997 mitten im Studium gesteckt zu haben, denn ich konnte Teil der größten studentischen Protestbewegung seit der 68er-Bewegung sein. Der Studierendenstreik war eine von Gießen und insbesondere der Justus-Liebig-Universität ausgehende Protestwelle, die im Herbst 1997 losbrach und auch die Universität Siegen erreichte. Wir organisierten im Wintersemesters 1997/98 unter dem bundesweiten Motto „Lucky Streik“ Vollversammlungen, Streikabstimmungen und gingen in einen mehrwöchigen Studierendenstreik mit einem alternativen Veranstaltungsprogramm. Am 27. November reisten viele von uns gemeinsam zur größten bundesweiten Demonstration mit nach Bonn mit etwa 40.000 Teilnehmer:innen und im Dezember 1997 hatte ich die Möglichkeit an dem bundesweiten Bildungskongress der streikenden Studierenden an der Humboldt Universität zu Berlin teilzunehmen.

Die Proteste und die Möglichkeiten der Beteiligung daran hatten einen starken Einfluss auf meine Aktivierung und Politisierung. Im Nachgang hat mir dies die Möglichkeit geboten mich auf das Abenteuer Auslandsaufenthalt einzulassen und durch einen DAAD geförderten Studienaufenthalt für meine Diplomarbeit zum Thema Community Organizing in Detroit / USA zu forschen.

Meine Zeit an der Universität Siegen war ein mächtiger Einstieg in einen neuen Lebensabschnitt.

Dr. Alexandra Geisler absolvierte den Studiengang Außerschulisches Erziehungs- und Sozialwesen von 1995 bis 2000 an der Universität-GH Siegen. Lange Zeit arbeitete Sie mit gewaltbetroffenen Frauen* und Kindern bei in diesem Handlungsfeld tätigen Organisationen. Heute  vermittelt sie ihre wissenschaftlich-fachliche Expertise als Professorin i. V. für Angewandte Sozialpädagogik an der Fachhochschule Dresden.